Buchtipp: NLP - Psychologie für Gesunde?

Buchtipp: NLP – Psychologie für Gesunde?

Es ist viel über NLP, das sogenannte „Neuro-Linguistische Programmieren“, geschrieben worden. Sind wir ehrlich: es ist fast schon ein bisschen zu viel. Jeder Coach hat es mittlerweile drauf, jeder zweite Manager scheint schon in mindestens ein teures Wochenend-Seminar gerannt zu sein, und auch zahllose „ganz normale Leute“, die sich dafür interessieren, sich selbst und damit ihr eigenes Leben zu verbessern, kennen NLP. Mit anderen Worten: NLP ist ein bisschen ein alter Hut.

In den 80er war NLP ein Geheimtipp, der aber in den 90er dann selbst schon im sonst für neue Lebensstrategien nicht so offenen Deutschland ziemlich populär geworden war. Und seitdem gehört das NLP eigentlich zum Standradrepertoire von allen „Schulen“, die sich damit beschäftigen, wie man durch „geistige Arbeit“ an sich selbst sein Leben und eventuell auch noch das der anderen positiv beeinflussen kann.

In all diesen Techniken, die dort vermittelt werden, geht es darum, die eigene Lebensqualität zu verbessern. Und das ist auch gut so, denn schließlich wird die Welt mit jedem, der positiver wird und sich – und damit auch die anderen – besser versteht und akzeptieren kann, ein besserer Ort. Auch wenn es so Stückchen für Stückchen vorwärtsgeht, geht es doch in die richtige Richtung.

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Aber zurück zum NLP. NLP wird immer wieder heiß diskutiert. Für die einen ist es DIE Methode der ersten Wahl, für andere ist es nichts als Wischiwaschi-Blödsprech von ein paar selbsternannten Hobby-Psychologen, die sich mit halbgaren Wochenend-Seminaren ein goldenes Näschen verdienen. Manche vermischen NLP sogar noch mit esoterischen Ansätzen, was nun wirklich etwas hanebüchen ist, denn NLP ist, wenn es überhaupt eine seriöse Technik ist, eine ziemlich psychologische, und weit davon entfernt, einen Glaubensansatz zu verfolgen, wie es die Esoterik tut. Nein, wenn NLP etwas hat, was viele dieser „geistigen Schulen“ nicht haben, dann einen sehr klaren Ansatz – und dieser ist psychologisch-wissenschaftlich. Und da gibt es auch nichts zu deuteln.

Die Frage ist nur: wie gut ist einem „normalen“ Menschen etwas, was so sehr auf psychologischer Wissenschaft beruht wie das NLP, in einem 2×5-stündigen Wochenend-Seminar oder in einem kleinen Büchlein zu vermitteln? Und diese Frage darf und muss auch gestellt werden. Denn das NLP hat mitunter einen schlechten Ruf bekommen, und das eben nicht zuletzt, weil Scharlatane da versuchen, etwas komplexes, eigentlich wissenschaftliches, hübsch aufzubereiten, in mundgerechte bunte Häppchen zu zerkleinern, um diese dann für viel Geld in die hungrigen Mäuler derer zu stopfen, die auf der Suche nach Antworten sind. Die meisten bleiben anschließend aber doch hungrig und ahnungslos zurück und sind nicht selten noch verwirrter als vorher.

NLP gehört eigentlich nur in die Hände von gut ausgebildeten Psychologen, die ihr Handwerk auch verstehen. Aber: Es steht natürlich jedem offen, einen Kurs zu belegen und die Techniken des NLP zu lernen. Hier ist der Markt riesig, es gibt Dumping-Angebote, die so billig sind, dass sie gar nichts taugen können, und es gibt seriöse Angebote, deren Anbieter bei den gängigen nationalen oder internationalen Dachverbänden ordentlich registriert sind und gewisse festgelegte Standards erfüllen.

Viele der Absolventen, die solch ein ordentliches Zertifikat oder ein Fantasie-Gütesiegel erworben haben, benutzen ihr neu gewonnenes Wissen dazu, anderen Menschen helfen zu wollen. Und das ist ja auch erst einmal ganz löblich. Die meisten von uns sind auf der Suche nach mehr Glück und Zufriedenheit, nach mehr Erfolg und mehr Lebensqualität. Da kann ein bisschen NLP nicht schaden, denn es erhebt ja den Anspruch, besonders wissenschaftlich zu sein – teils völlig zu Recht, teils ziemlich blauäugig.

Die meiste Kritik an NLP kommt wiederum nicht zuletzt von gut ausgebildeten Psychologen. Und die meinen auch gar nicht das NLP selber, sondern kritisieren, dass in den pseudowissenschaftlichen Bereichen mit dem NLP Schindluder getrieben wird. Denn um es auf den Punkt zu bringen: Mit ein bisschen NLP lassen sich auch keine großen Lebenskrisen meistern. Und ein bisschen NLP macht einen auch nicht über Nacht zum geborenen Anführer. Oder mit anderen Worten: Ein bisschen NLP reicht nicht, um die psychologische respektive therapeutische Arbeit von Monaten oder Jahren zu ersetzen.

Genau deshalb ist die Kritik am NLP, so wie es in der Konsumgesellschaft der Sinn-Suchenden und Scheinwissenschaftler verstanden wird, auch völlig gerechtfertigt. NLP ist kein alleinstehendes Allheilmittel, sondern, wenn überhaupt, nur ein Werkzeugkasten mit ein paar Tools, die helfen können, das Leben besser zu machen. Diese Werkzeuge reichen aber nicht dazu aus, um aus einem kaputten Wrack ein strahlendes Schloss zu machen – innerhalb eines Wochenendes oder mit einem Buch voller Zaubersprüche. Klar, schön wäre es – aber so ist es leider nicht.

NLP ist kein Setzkasten voller Tricks für die, die leiden. Vielmehr ist NLP reine Psychologie, und ziemlich breit gestreut. Unter anderem macht NLP unbewusste Kommunikationsformen bewusst und setzt sie dafür bewusst ein. Aber das Thema ist eben sehr komplex. Aber so komplex es auch ist, es ist nichts, was das ganze Leben von heute auf morgen ändern kann und soll. Vielmehr ist NLP etwas, um die Feinheiten abzustimmen, um besser kommunizieren zu können, um sich besser darstellen zu können, um sich besser verstehen zu können, sich zu verändern und besser mit sich klarzukommen. NLP ist aber nicht dafür gedacht, „den Karren aus dem Dreck zu ziehen“. NLP macht aus einem miserablen Leben oder einem katastrophalen Führungsstil nicht mit einem Fingerschnippen etwas Wunderbares.

NLP alleine verändert nicht das Leben. Psychologen oder sonstige Anbieter von psychischer Hilfestellung, die damit werben, haben entweder nichts von ihrer Wissenschaft verstanden, oder es handelt sich um bösartige Scharlatane, die gemerkt haben, wie gut sich die Marke „NLP“ verkaufen lässt. Ein guter Psychologe sollte seinem Klienten noch nicht einmal sagen, dass er NLP als Technik benutzt, finde ich. Ich weiß aber auch, dass dies gegen eines der Prinzipien des NLP verstößt, weil der Klient bewusst nicht manipuliert werden soll, sondern „frei“ wählen darf. Aber mal ehrlich: Was ist in einer Psychotherapie schon frei gewählt? Alles hängt vom Therapeuten ab und wie dieser das Empfinden des Klienten beeinflusst. Da braucht man sich auch gar nichts vorzumachen, finde ich.

Wie dem auch sei, ob der Klient nun darüber ganz genau aufgeklärt wird, was in der NLP-Therapie passiert oder nicht, spielt hier jetzt erst einmal nur eine nebensächliche Rolle. Die Frage ist vielmehr: Wann sollte der Therapeut überhaupt NLP einsetzen? Ab welchem Stadium der Therapie ist es sinnvoll? Und bei wem? Und im selben Atemzug geht die Frage weiter an die Klienten und alle anderen Sinn-Suchenden – wann macht NLP Sinn und wann ist es nur verschwendete Mühe und raus geschmissenes Geld.

Ich wage mit diesem Buch die These, dass der Klient, der Sinn-Suchende, zuerst einmal sich und sein Leben auf die Reihe kriegen soll, bevor man NLP bei ihm einsetzt beziehungsweise er alleine damit herumhantiert. Ich sage, dass NLP „Psychologie für Gesunde“ ist. Ich behaupte, das psychische Wracks von NLP überhaupt keinen oder nur sehr wenig Nutzen haben. Und auch, wenn Sie jetzt noch nicht meiner Meinung sind, lade ich Sie herzlich ein, im Folgenden meine Gedanken dazu zu teilen und natürlich auch kritisch zu hinterfragen. Nur weil jemand ein Buch schreibt, hat er ja schließlich noch lange nicht Recht, nicht wahr.

Aber auch wenn Sie andere Meinung sind als ich, können Sie sich diese andere Meinung ja einmal anhören. Das nennt man Dialektik und diese ist mitunter die höchste Form der Gesprächsführung. Einfach auch mal den anderen Standpunkt einnehmen, um ihn nachzuvollziehen, um anschließend seinen eigenen besser zu verstehen. Dazu lade ich Sie ein, denn DAS ist eine gesunde Kommunikation und nahezu formvollendet. Das ist NLP, wenn man so will.

Alle, die sich mit NLP beschäftigen, sollen hier auf ihre Kosten kommen. Die Kritiker, um vielleicht einige neue Facetten zu entdecken und die Anhänger, um Dialektik zu üben. Denn ist nicht eins der Credos der NLP-Lehre, dass man üben, üben, üben soll? Und genau das werden wir hier in diesem Büchlein im Folgenden tun. Wir üben Kommunikation, indem wir Standpunkte einnehmen und uns Bewusst machen. Das ist bewusstes Verständnis und genau dieses führt zu einem gesunden Austausch, zu einer vollendeten Kommunikation zweier Parteien, aus welcher beide schlauer und stärker hervorgehen, als sie eingetreten sind.

Haben Sie Lust? – Dann folgen Sie mir bitte.

 

Dis ist ein Auszug aus dem Buch von Tankred Dankmar: NLP – Psychologie für Gesunde?: Eine kritische Auseinandersetzung mit der mentalen Wunderwaffe genannt „Neuro-linguistische-Programmierung“